Adventskalender 2020, 9. Fenster
Gedichte von Sarah Dvorak
Premiere! Die Wiener Schauspielerin Sarah Dvorak hat uns ihre Gedichte Wenn die Kunst und Niemand hört zu nicht nur zugeschickt, sondern auch gekonnt eingelesen. Es freut uns, mit diesem Adventskalenderfenster zum ersten Mal Texte aus ihrer Feder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wenn die Kunst
Wenn die Kunst für die Welt
Keinen Spiegel mehr hält
Die Subventionen
Sich nicht mehr lohnen
Der Schein nicht wirft
Kein Mensch ihn kann fangen
Und die Spielstätten um Existenzen bangen
Wenn Phantastisches fremd wird
Das Wort uns erstickt
Und die Kunst hinten in der Ecke liegt
Wenn die Kunst in der Welt
Uns nicht bei sich hält
Dann wird die Welt – mit Verlaub –
Nicht nur still, sondern taub.
Niemand hört zu
Kommunikation –
allein das Wort sagt ja schon
so viel aus.
Also von Haus aus.
Quasi, also, mehr denn je.
Ich versteh.
Und du, du plagst
wenn du nachfragst.
Reden kann man was man will.
Was es nicht gibt, das ist zu viel.
Man redet, quasselt, meint und spricht,
aber zuhören tut man nicht.
Drum ist alles klar und gut soweit.
Verständlich wird nun aufgezeigt:
mit Worten ohne klaren Grund,
kommt man niemals auf den Hund.
Ich meine, was ich sagen will
das ist nicht viel, das hat ein Ziel.
Wer kommt schon auf den grünen Ast
in der Hast?
Reden kann man was man will.
Was es nicht gibt, das ist nicht viel.
Man nuschelt, diskutiert und röhrt,
doch es wird nicht angehört.
Da gibt es einen Weltrekord
da spricht tatsächlich Wort für Wort
der Gute
ganze 586; und das pro Minute!
Doch hat man verstanden was er da sagt?
Hat sich das mal jemand gefragt?
Doch ist es dafür längst zu spät:
Quantität schlägt Qualität.
Es ist ganz einfach: Stein, Schere, Papier
wobei ich gegen mich selbst verlier
denn alle Worte, die ich fand
treffen keinen Widerstand
Reden kann man was man will.
Wer das nicht kann bleibt eben still.
Die großen Stimmen geben Ruh
und hören ihrem Echo zu.
Sarah Dvorak
Sarah Dvorak, geboren in Wien, ist ausgebildete Schauspielerin und schreibt in ihrer Freizeit gerne Gedichte und kleine Texte. Mit diesem Adventskalender veröffentlicht sie das erste Mal etwas Selbstgeschriebenes.
Zur Homepage der Autorin | Instagram: sarahdvorak_act
Neueste Postings
24. Fenster – Aus den Memoiren von Georg Klingenberg – Was bleibt übrig?
»Was bleibt eigentlich übrig, als Ergebnis von drei bis vier Jahrzehnten?« Ein Auszug aus den Memoiren Georg Klingenbergs.
23. Fenster – »Präludium für ein Garnichts« von Jim Palmenstein
Es gibt Tage, die gewaltig sind, und die Jahre des Grübelns nach sich ziehen. Text: Jim Palmenstein. Gelesen von Paul Klingenberg und Laura Schuler.
22. Fenster – Der Klang der Stille von Inge Bieregger
Sooft sie, und vor allem in der Vorweihnachtszeit, beschworen wird, ist sie nicht anwesend: die Stille. Inge Bieregger erinnert an ihren Klang.
21. Fenster – Jabbar Abdullah – Raqqa am Rhein
»Alles in dieser Welt hat einen Anfang und ein Ende. […] Nur der Krieg hat zwar ebenfalls einen Anfang, aber kein Ende.«
20. Fenster – Centuries von Wolfgang von Dechend
Zum vierten Advent präsentieren wir das Klavierstück »Centuries« von Wolfgang von Dechend.
19. Fenster – Da Wastl aus Graz – Wort ist mein Hobby
Wort ist sein Hobby. Ein wortgewaltiger Beitrag von dem Poetry-Slammer Sebastian Voves aka DaWastl aus Graz in unserem 19. Adventskalenderfenster.
18. Fenster – David Newby’s short story on BBC World Service
David Newbys Kurzgeschichte »Teaching Birds to Talk« wurde im BBC World Service ausgestrahlt. Hier gibt es die Aufnahme zum Nachhören.
17. Fenster – Der Home-Office Blues von Iris Hennebichler
In ihrem Home-Office Blues besingt Iris Hennebichler virtuos die allseits bekannten Leiden mit der verflixten Technik.
16. Fenster – Bert Teklenborg und die Edition Salem
Jakobsweg-Pilger kennen ihn: Im 16. Adventskalenderfenster stellen wir die Edition Salem und ihren Verleger Bert Teklenborg vor.
15. Fenster – Francisco Cienfuegos und Ismael Alcalde
Unser 15. Adventskalenderfenster birgt ein einzigartiges Wort-Klang-Erlebnis in zwei Sprachen.